RISC und CISC

Vor 20 Jahren gab es einen starken Trend, Mikroprossoren mit RISC-Technologie (reduced instruction set computer), zu bauen. Jeder größere Hersteller wollte so etwas bauen, Sun mit Sparc, Silicon Graphics mit MIPS, HP mit PA-Risc, IBM schon sehr früh mit RS6000, was später, als man auf die Idee kam, das zu vermarkten, als PowerPC rebranded wurde, DEC mit Alpha u.s.w. Zu einer Zeit, als man zumindest in Gedanken noch für möglich hielt Assembler zu programmieren (auch wenn man es kaum noch tat), tat das noch richtig weh. Und Software war doch sehr CPU-abhängig, weil plattformunabhägige Sprache, die es damals selbstverständlich schon lange vor Java gab, einfach wegen des Overheads der Interpretation für viele Zwecke zu langsam waren. So behalf man sich mit C-Programmen mit wahren Orgien an ifdfefs und konnte die mit etwas Glück für die jeweilige Plattform aus CPU und einem UNIX-Derivat kompilieren. Der Wechsel der CPU-Architektur eines Herstellers war damals eine große Sache, z.B. bei Sun von Motorola 680×0 zu Sparc. Und die Assemblerprogrammierung der RISC-CPUs war ein Albtraum, an den sich auch erfahrene Assemblerprogrammierer kaum herangewagt haben. Zum Glück gab es damals schon sehr gut optimierende Compiler für C und Fortran und so konnte man das Thema einem ganz kleinen Personenkreis für die Entwicklung von kleinen Teilen des Betriebssytemkerns und kleinen hochperformanten Teilen großer Libraries überlassen.

Eigentlich sollte RISC ermöglichen, mit derselben Menge an Silizium mehr Rechenleistung zu erzielen, insgesamt also Geld und vielleicht sogar Strom zu sparen. Vor allem wollte man für die richtig coole Server-Applikation, die leider immer etwas zu ressourchenhungrig für reale Hardware war, endlich die richtige Maschine kaufen können. RISC war der richtige Weg, denn so hat man einen Optmierungsschritt beim Compiler, der alles optimal auf die Maschinensprache abbildet, die optimiert dafür ist, schnell zu laufen. Ich wüsste nicht, was daran falsch ist, wenn auch diese Theorie vorübergehend nicht zum Zuge kam. Intel konnte das Problem mit so viel Geld bewerfen, dass sie trotz der ungünstigeren CISC-Architektur immer noch schneller waren. Natürlich wurde dann intern RISC benutzt und das irgendwie transparent zur Laufzeit übersetzt, statt zur Compilezeit, wie es eigentlich besser wäre. Tatsache ist aber, dass die CISC-CPUs von Intel, AMD und Co. letztlich den RISC-CPUs überlegen waren und so haben sie sich weitgehend durchgesetzt.

Dabei hat sich die CPU-Abhängigkeit inzwischen stark abgemildert. Man braucht heute kaum noch Assembler. Die Plattformen haben sich zumindest auf OS-Ebene zwischen den Unix-Varianten angeglichen, so dass C-Programme leichter überall kompilierbar sind als vor 20 Jahren, mit cygwin sogar oft unter MS-Windows, wenn man darauf Wert legt. Applikationsentwicklung findet heute tatsächlich weitgehend mit Programmiersprachen wie Java, C#, Scala, F#, Ruby, Perl, Python u.ä. statt, die plattformunabhängig sind, mittels Mono sogar F# und C#. Und ein Wechsel der CPU-Architektur für eine Hardware-Hersteller ist heute keine große Sache mehr, wie man beim Wechsel eines Herstellers von PowerPC zur Intel-Architektur sehen konnte. Man kann sogar mit Linux dasselbe Betriebssystem auf einer unglaublichen Vielfalt von Hardware haben. Die große Mehrheit der schnellsten Supercomputer, die allermeisten neu vekrauften Smartphones und alle möglichen CPU-Architekturen laufen mit demselben Betriebssystemkern, kompiliert für die jeweilige Hardware. Sogar Microsoft scheint langsam fähig zu sein, verschiedene CPU-Architekturen gleichzeitig zu unterstützen, was lange Zeit außerhalb der Fähigkeiten dieser Firma zu liegen schien, wie man an NT für Alpha sehen konnte, was ohne große finanzielle Zuwendungen seitens DEC nicht aufrechterhalten werden konnte.

Aber nun, in einer Zeit, in der die CPU-Architektur eigentlich keine Rolle mehr spielen sollte, scheint alles auf Intel zu setzen, zum Glück nicht nur auf Intel, sondern auch auf einige konkurrierende Anbieter derselben Architektur wie z.B. AMD. Ein genauerer Blick zeigt aber, das RISC nicht tot ist, sonder klammheimlich als ARM-CPU seinen Siegeszug feiert. Mobiltelefone habe häufig ARM-CPUs, wobei das aus den oben genannten Gründen heute fast niemanden interessiert, weil die Apps ja darauf laufen. Tablet-Computer und Netbooks und Laptops sieht man auch vermehrt mit ARM-CPUs. Der Vorteil der RISC-Architektur manifestiert sich dort nicht in höherer Rechenleistung, sondern in niedrigerem Stromverbrauch.

Ist die Zeit reif und CISC wird in den nächsten zehn Jahren wirklich durch RISC verdrängt?

Oder bleibt RISC in der Nische der portablen stromsparendenen Geräte stark, während CISC auf Server und leistungsfähigen Arbeitsplatzrechnern dominierend bleibt? Wir werden es sehen. Ich denke, dass früher oder später der Vorteil der RISC-Architektur an Relevanz auf leistungsfähigen Servern und Arbeitsplatzrechnern gewinnen wird, weil die Möglichkeiten der Leistungssteigerung von CPUs durch mehr elektronischen Elementen pro Quadratmeter Chipfläche und pro Chip an physikalische Grenzen stoßen werden. Dann die bestmögliche Hardwarearchitektur mit guten Compilern zu kombinieren scheint ein vielversprechender Ansatz.

Die weniger technisch interessierten Nutzer wird diese Entwicklung aber kaum tangieren, denn wie Mobiltelefone mit Android werden Arbeitsplatzrechner mit welcher CPU-Architektur auch immer funktionieren und die Applikationen ausführen, die man dort installiert. Ob das nun plattformunabhängig ist, ob man bei kompilierten Programmen ein Binärformat hat, das mehrere CPUs unterstützt, indem einfach mehrere Varianten enthalten sind oder ob der Installer das richtige installiert, interessiert die meisten Benutzer nicht, solange es funktioniert.

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